Tag 30: Sarria - Portomarín (22,3 km)
Shownotes
Kurz vor der 100-km-Marke begegnen Tobi und Sieglinde Sabina und Hartmut aus Köln. Gemeinsam stellen sie fest: Die Meilenstein-Massen nerven, aber der Camino lehrt Stärke – und zeigt, wie wenig man wirklich braucht.
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00:00:00:
00:00:04: Ahäu-Radio präsentiert.
00:00:10: Jakob, Mama und ich.
00:00:12: Der kürzeste Podcast der Welt.
00:00:20: Es geht nach Porto Marien.
00:00:23: Ich hab zwei Pilger getroffen.
00:00:25: Und du bist?
00:00:27: Sabina.
00:00:27: Und Helmut aus Köln.
00:00:30: Das find ich super.
00:00:31: Kannst du?
00:00:32: Bitte die Fragen, die ich dir stelle.
00:00:35: Auch auf Kolch antworten, weil dann geht mein Herz auf, da bin ich ja geboren in dieser Stadt.
00:00:38: Weißt du, das lebe leicht.
00:00:40: Das
00:00:42: ist mir egal, ob andere das verstehen oder nicht.
00:00:44: Probier auf Kolch zu antworten.
00:00:46: Ich bin ganz aufgeregt, weil gleich gibt es die hundert Kilometer Marke, die man überschreitet.
00:00:51: Dann wird es zweistellig.
00:00:53: Ist das irgendwas, was euch aufregt?
00:00:55: Ja, klar.
00:00:58: Also ... Wir haben alles mögliche fotografiert schon die ganze Zeit, diese Anzeige.
00:01:04: Und wahrscheinlich die Neuneinzig ist die meist fotografierteste.
00:01:08: Und irgendwie habe ich aber auch ein bisschen Angst davor, weil hier einfach so viel los ist und die ganze Zeit was viel gemütlicher.
00:01:14: Ja, das müssen wir mal thematisieren.
00:01:16: Plötzlich... sind hier Menschenmassen.
00:01:18: Ich hab dich ja auch Helmut am Klo getroffen in der Kloschlange.
00:01:21: Das kloser auch nicht mehr so appetitlich aus.
00:01:23: Wie andere Klos vorher.
00:01:25: Was ist hier los?
00:01:26: Das sind alles diese Pilger, die nur hundert Kilometer gehen, um sich dann die Urkunde abzuholen, ne?
00:01:30: Weil man muss ja eigentlich nur diese hundert Kilometer gehen.
00:01:32: Ja, klöfe ich auch, dass die sich den Schäden da in Santiago da erschleichen wollen, ne?
00:01:40: Dass das sind und welche Luxusbilder sind, das hat jeder ja nicht, ne?
00:01:44: Die überlege ja auch, ob sie die Distanz von hundert auf zweieinhalb Kilometer erweitern.
00:01:50: Weil eben so viele Lücke quer einsteiger sind.
00:01:52: Nee,
00:01:53: das sind Urlauber eigentlich.
00:01:55: Ja, noch schlimmer.
00:01:56: Das ist ein Bildjawisch ist das.
00:01:58: Das ist eine Wallfahrt ist das.
00:01:59: Das ist keine Wanderung.
00:02:00: Ich hatte eben so zwei Ihren neben mir und die meinten, nö, nö, sie schlafen nur im Hotel und gehen nur die hundert Kilometer, gepackt lassen sie natürlich schicken, weil sie sind ja im Urlaub.
00:02:09: Ja, aber ... Jeder Jäger ist anders.
00:02:14: Das muss man auch akzeptieren.
00:02:16: Das fischt unser Jahr nicht an.
00:02:18: Von daher, Mirjon, unsere Wäsch.
00:02:21: Wir freuen uns, dass wir am Sonnendag in Santiago füllen.
00:02:27: Ich glöfe, das wäre ein ganz emotionaler Moment.
00:02:30: Manchmal anfangen zu griechen.
00:02:32: Das kannst du nicht glöfen.
00:02:33: Ich habe auch noch nicht geweint.
00:02:34: Das heißt, auf dem Pilgerweg weint man einmal.
00:02:36: Vielleicht könnte das da passieren.
00:02:37: Ist das denn noch Pilgern, wenn so viele Menschen da sind?
00:02:40: Und wie erklärst du dir diese Anziehungskraft noch immer, dieses Jakobswegs?
00:02:45: Harte Frage.
00:02:45: Harte Frage, ja.
00:02:47: Also, ganz ehrlich, ich wusste ja selber nichts von diesem Jakobsweg.
00:02:51: Und jetzt bin ich den gegangen und ich merke erst jetzt unterwegs, was da so passiert.
00:02:57: Und mit einem.
00:02:58: Und eigentlich juckt mich das gar nicht, wenn hier so viele unterwegs sind.
00:03:02: Ich gehe ja den Weg für mich.
00:03:03: Ja, aber so richtig Natur genießen und so kann man dann nicht mehr, oder?
00:03:07: Ich muss
00:03:07: mich ja nicht an den anderen orientieren, versuche ich auszublenden.
00:03:10: Weil das war bis hierher, diese
00:03:13: sechshundert-achtzig
00:03:14: Kilometer, die waren einfach schon so genial.
00:03:17: Und Schlaßmöte sitzt ja auch hier jetzt nicht verderben von der Masse.
00:03:22: Was hat der Weg mit dir gemacht?
00:03:23: Du hast gesagt, der hat dich schon ein bisschen verändert.
00:03:26: Was ist passiert?
00:03:27: Ja,
00:03:28: am Anfang hätte ich nie gedacht, dass meine Beine das mitmachen.
00:03:32: Mittlerweile merke ich, ich hab morgens wahnsinnig viel Energie und Nachtsschmerzen in den Beinen, aber das ist morgens irgendwie weg.
00:03:40: Und dass man doch mehr schafft, als man denkt.
00:03:42: Wir sind einmal dreißig Kilometer gelaufen.
00:03:45: Das hab ich nur geschafft, weil hier mein Kollege dabei war.
00:03:48: Und Kollegin, die jetzt schon unterwegs ist.
00:03:51: Wir haben uns gegenseitig so motiviert, es war heiß.
00:03:54: Wir sind die ganze Zeit an der Straße entlang marschiert.
00:03:57: Es ist kein Vergleich zu dem, was hier passiert.
00:04:00: Es war knallheiß, trocken.
00:04:02: Und es war angesagt, es waren sechsundzwanzig Kilometer, es waren dreiunddreißig.
00:04:06: Und wir sind alle halbe Stunde bei uns hinsetzen müssen.
00:04:09: Und ich war, also da hätte ich fast geheult, als ich angekommen bin.
00:04:14: Weil ich einfach so kaputt war, körperlich und trotzdem auch stolz, dass ich es geschafft habe.
00:04:19: Aber was hat so eine Grenzerfahrung mit dir gemacht?
00:04:21: Also was ist in deinem Kopf passiert, so die letzten über sechshundert Kilometer?
00:04:25: Dass ich jetzt denke, ich kann alles schaffen.
00:04:28: Egal, was es ist, ich kann es schaffen.
00:04:31: Und das hätte ich vorher, glaube ich, nicht so gedacht.
00:04:35: Es gibt einem einfach Stärke für die Dinge, die man jetzt in Zukunft angeht, wo man denkt, das wird nix oder vergisst ist.
00:04:45: Und jetzt denke ich, ne, probier's einfach und dann wirst du sehen, ob du das schaffst oder nicht.
00:04:50: Was ist in deinem Kopf passiert und warum bist du überhaupt hier auf den Weg gegangen?
00:04:54: Ja, ich bin zum Jahresbeginn bin ich pensioniert worden.
00:04:57: Und ich hatte einen Beruf, wo ich sehr viel sprechen musste.
00:05:00: Wenn ich nicht selbst gesprochen hatte, musste ich zuhören.
00:05:02: Und je näher es zum Ende kam...
00:05:04: Lehrer!
00:05:05: Nee, ich bin Jurist.
00:05:07: Und da hatte ich so das Bedürfnis, mal über einen längeren Zeitraum einfach die Klappe zu halten.
00:05:10: Beziehungsweise nicht zuhören zu müssen.
00:05:12: Und deshalb hab ich mich auf diesen langen Weg von Köln über Visilé nach Santiago auf den Weg gemacht.
00:05:20: Und also, dass ich einfach zur Ruhe kommen wollte.
00:05:22: Auch ein Anlass für mich war so ein spirituelles Resetting.
00:05:27: Wir haben ja in der katholischen Kirche einige Probleme.
00:05:32: In Deutschland nahezu im freien Fall ist er.
00:05:34: Und das lässt einen ja auch nicht kalt als Katholik.
00:05:37: Das war auch eine weitere Motivation.
00:05:39: Ja, und auch noch mal zu sehen, ich werd jetzt sieben- sechzig, schaffst du das körperlich, diese große Anstrengung?
00:05:45: Das war auch eine Herausforderung.
00:05:46: Also, die Motivation war mehrschichtig.
00:05:48: Und was nicht so geklappt hat, ist mit diesem spirituellen Resetting.
00:05:52: Also, da hatte ich größere Erwartungen.
00:05:54: Vielleicht waren sie auch völlig überzogen, waren sie da.
00:05:57: Dort muss ich dann auch zu Hause dann weitermachen und mich da auch nochmal neu orientieren.
00:06:01: Da bin ich aber ganz zuversichtlich.
00:06:05: Wenn man jetzt sagt, was hat sich verändert, das muss man zu Hause sortieren.
00:06:10: Was sicherlich sehr einschneidend für mich ist, dass ich gemerkt habe, vier Monate kommst du mit Sachen klar, die du hinten deinen Rucksack trägst.
00:06:20: Du musst nicht dreißig Polohänden zu Hause liegen haben in verschiedenen Farben.
00:06:23: Du musst nicht, was weiß ich, verschiedene Hosen.
00:06:27: Du kommst mit deutlich weniger aus.
00:06:30: Also von daher werde ich sicherlich dann einfaches Leben künftig führen.
00:06:34: Kannst
00:06:35: du mir die letzten zwei Sätze nochmal auf Kölsch sagen?
00:06:38: Polohemden.
00:06:40: Ja, ich habe gemerkt, du brustest dich.
00:06:41: Polohemden in verschiedenen Farben, ne, ne, ne, pardon nicht, ne, dann destillierst du, dann destillierst du wieder alles, alles wieder parat, ne, und, ja, dort war eine Erfahrung, wobei ich musste es sagen, also... Ja, dann ist halt der Jähendbol jetzt.
00:06:56: Der vier Monate her, aus der Sack zu leben, da geht mir auch, ob der nur so eine Sarah steht.
00:07:02: Also, nee.
00:07:03: Also, immer bin ich ja da im Sölke, da drin und so weiter.
00:07:08: Aber da bin ich froh, wenn sich das auch wieder ändert.
00:07:10: Ich freue mich sehr, sehr, sehr auf zu Hause.
00:07:13: Ich auch.
00:07:13: Mein Herz geht gerade auf.
00:07:15: Ich freu mich sehr auf die Hundertkilometer-Marke.
00:07:17: Da melde ich mich noch mal kurz.
00:07:19: Aber euch lasse ich jetzt laufen.
00:07:20: Vielen Dank euch.
00:07:20: Ich
00:07:21: drück euch mal.
00:07:23: Danke.
00:07:23: Ihr
00:07:24: seid mir lebe, Leute.
00:07:25: Vielen Dank.
00:07:26: Buancamino.
00:07:26: Buancamino.
00:07:27: Buancamino für euch.
00:07:30: Und was meine Mutter und ich an der Hundertkilometer-Marke erlebt haben, das hört ihr morgen.
00:07:36: Buancamino.
00:07:43: Ja, Kopfmama und ich.
00:07:45: Der kürzeste Podcast der Welt.
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